Während Chemotherapie auf Fischöl verzichten?

Fischöl unter Chemotherapie sinnvoll?

Gerade nach einer Krebsdiagnose und während der Chemotherapie möchten sich vielen Patienten etwas „Gutes“ tun, achten bewusst auf ihre Ernährung und nehmen auch mal das ein oder andere Nahrungsergänzungsmittel ein. Oftmals enthalten diese zusätzlich eingenommenen Mittelchen auch Fischöle, so genannte Omega-3 Fettsäuren. In der Natur kommen diese Fettsäuren vor allem in fettreichen Fischen wie Makrele, Lachs und Hering vor. Doch ist diese Einnahme auch von Vorteil während einer Chemotherapie?

In der Vergangenheit wurde häufig von der positiven Wirkung der gesunden Omega-3  Fettsäuren berichtet: So sollen Sie vor Herz-Kreislauf-Problemen schützen, während einer Chemotherapie das Immunsystem positiv beeinflussen und übermäßigen Gewichtsverlust verhindern. Einigen Studien ließen gar vermuten, dass Fischöle die Teilung von Krebszellen hemmen können. Klar, dass viele Patienten daher versuchen, möglichst viel dieser Fette in den Ernährungsplan einzubauen.

Niederländische Forscher halten die Einnahme von Fischöl-Präparaten während einer Chemotherapie für problematisch

Eine kürzlich veröffentlichten Studie des Forscherteams rund um Dr. Laura Daenen lässt tatsächlich einen Zusammenhang  zwischen Omega-3 Fettsäuren und der Wirksamkeit einiger chemotherapeutischen Medikamente vermuten. Bereits in 2011 hatten die Wissenschaftler des Netherlands Cancer Institute in Amsterdam, an Versuchen mit Mäusen festgestellt, dass bestimmte Fischöle die Wirkung einer Chemotherapie negativ beeinflussen können.

Sie beobachteten, dass Stammzellen der „Krebsmäuse“ durch die Behandlung mit platinhaltigen Chemotherapeutika bestimmte Fettsäuren bilden konnten. Diese Fette waren wiederum in der Lage, die Krebszellen vor „Angriffen“ durch Medikamente zu schützen. Da stellte sich die Frage, ob auch von außen zugeführte Fettsäuren einen derartigen Effekt ausüben können. Ein weiterer Tierversuch war nötig: Hier wurden krebskranke Mäuse mit handelsüblichen Fettsäuren gefüttert. Danach konnten die Forscher tatsächlich für mehrere Stunden einen erhöhten Spiegel genau dieser Fettsäuren im Blut beobachten. Chemotherapeutika, die in diesem Zeitraum verabreicht wurden, zeigten kaum Wirkung.

Fischöle wirken auf das Immunsystem

Wie kann es sein, dass die Aufnahme von Fischölen die Wirkung von Medikamenten beeinflusst? Die Erklärung der niederländischen Wissenschaftler ist recht einfach: Die Tierversuche zeigten, dass die aufgenommenen Omega-Fettsäuren das körpereigene Immunsystem beeinflussen. Es werden vermehrt Fresszellen, so genannte Makrophagen, in der Milz gebildet. Diese können die vermeintlich „schädlichen“ Krebsmedikamente unwirksam machen.

Mit der jetzt vorgestellten Studie wollte Dr. Daenen verschiedene Fragen klären: Wie verbreitet ist die Verwendung von Fischöl-Nahrungsergänzungsmitteln bei Krebspatienten? Wie hoch ist der Gehalt an Omega-3 Fettsäuren in handelsüblichen Fischöl-Kapseln und vier Fischarten (Makrele, Hering, Lachs und Thunfisch)? Wie viel davon kommt beim Menschen letztlich auch im Blut an?

Die Forscher befragten in einem ersten Schritt 118 Patienten der onkologischen Universitätsklinik Utrecht zu ihrem Fischölkonsum und einer Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln. Dabei gaben 30 % der Patienten an, regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen, 11 % konsumierten Omega-3 Fettsäuren, meist in Form von Fischölen. Interessant: 84 % dieser Patienten führte die Einnahme auch während der Chemotherapie fort, lediglich etwa die Hälfte davon berichtete dies aber auch dem behandelnden Arzt.

Um die Auswirkung der Aufnahme auf die Höhe der Fettsäuren im Blut zu untersuchen, wurde danach eine Studie an gesunden Probanden durchgeführt: Sie erhielten 10 ml bzw. 50 ml Fischöl. In beiden Fällen kam es zu einem messbaren Anstieg der Fettsäuren im Blut, teilweise um das 20-fache des Ausgangswertes. Das Maximum wurde dabei ca. 4 Stunden nach dem Verzehr beobachtet, im Fall der 10 ml hatte sich der Wert nach etwa 8 Stunden wieder normalisiert, unter 50ml dauert dies wesentlich länger.

Wichtig zu wissen: Auch Hering und Makrele enthalten große Mengen der untersuchten Fettsäure – auch hier ließ der Verzehr die Konzentration im Blut stark ansteigen. Dagegen zeigte sich nach der Aufnahme von Lachs und Sardine kein nennenswerter Anstieg der Omega-3 Fettsäuren.

Schlussfolgerung

Sicherlich kann die vorliegende Studie nicht alle Fragen zum Zusammenhang zwischen Fischölen und der Wirksamkeit chemotherapeutischer Medikamente klären. Trotzdem gibt sie einen ersten Hinweis darauf, dass die Einnahme von Omega 3-Fettsäuren während Chemotherapie eventuell nachteilig sein könnte. Bis zum Vorliegen weiterer Daten, empfehlen die Studienärzte daher, auf die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit Fischölen zu verzichten – zumindest an den Tagen direkt vor und nach der Chemotherapie sowie am Tag der Behandlung. Auch fettreiche Fischsorten wie Hering und Makrele sollten kurz vor und am Tag der Chemotherapie weggelassen werden.

Quelle:
L. G. M. Daenen, et al., Increased Plasma Levels of Chemoresistance-Inducing Fatty Acid 16:4(n-3) After Consumption of Fish and Fish Oil
JAMA Oncol. Published online April 02, 2015. doi:10.1001/jamaoncol.2015.0388

 

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